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RU: Akte Putin

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DIE ZEIT: Putin forever

Mit Putins beabsichtigtem Wechsel vom Präsidentenamt zur Regierungsspitze könnten Russland lange Jahre mit ihm bevorstehen. Doch der Erfolg könnte auch Putins Fluch werden.
Von Johannes Voswinkel


Eines der Instrumente aus seinem politischen Werkzeugkasten hat Wladimir Putin in den gut sieben Jahren seiner Amtszeit als russischer Präsident perfektioniert: die Überraschungsoffensive. Sie passt dem früheren KGB-Agenten gut, der Politik ansonsten im kleinen, verschworenen Kreis betreibt. Öffentlichkeit ist Putins Sache nicht. Das Volk dient als Empfänger vaterländischer Reden und beglückender Botschaften. Am Montag brachte der Parteitag der Kremlpartei "Einiges Russland" letztere: Putin verkündete, dass er als Nummer eins auf der Parteiliste kandidiere und sich nach seinem von der Verfassung erzwungenen Abtritt als Präsident eine Zukunft als Premierminister vorstellen könne. Das ist also der Plan Putin, den sein persönliches Politbüro seit Langem ausheckte.

Vor Kurzem noch hatte der Präsident einer ausländischen Expertenrunde eröffnet, er werde abtreten, aber nicht sehr weit. Hierin hält er Wort. Putin gibt das Präsidentenamt, aber nicht die Macht ab. Das Amt des Premierministers könne er sich unter einem "würdigen und ehrenhaften", sprich gehorsamen Staatsoberhaupt vorstellen. Dabei mag er an den gerade als Regierungschef eingesetzten Technokraten Wiktor Subkow gedacht haben. Auf die "gelenkte Demokratie" folgt der gelenkte Präsident. Nach spätestens vier Jahren könnte Putin erneut für das Präsidentenamt kandidieren. Am 7. Oktober wird er gerade 55 Jahre alt. Putin forever.
Diese legale Trickservariante des asiatischen Herrschermodells (Selbsternennung bis auf Lebenszeit) soll den verschiedenen Machtgruppen im und um den Kreml ein Auskommen auch für die Zukunft sichern. Im boomenden Öl- und Gas-Reich Russland gibt es viele Finanzströme, die zu den eigenen Gunsten von Beamten und Sicherheitsdiensten kontrolliert werden. Der Machtwechsel im halbautoritären Russland Putins drohte, das innere Gleichgewicht des Mitverdienersystems durcheinanderzuwirbeln. Der populäre Putin soll die Besitzstände weiterhin garantieren.

Dank des Kreml-kontrollierten Fernsehens, in dem per Anruf Sendungen verboten und unliebsame Dumaabgeordnete zur Persona non grata erklärt werden, ist für die nötige Propaganda gesorgt. Das Ergebnis für "Einiges Russland" dürfte in Richtung einer verfassungsändernden Mehrheit tendieren. Dann wäre der Weg frei für eine Umverteilung der Kompetenzen vom Präsidenten hin zum Premierminister. Putin würde das als wichtigen Schritt der Demokratisierung auf dem Weg zum parlamentarischen System verkaufen. Und alle sind ehrenhaft und glücklich.

Aber sogar der Plan Putin hält nicht alles unter Kontrolle. Vielleicht gewinnt der Strohmann-Präsident Freude an der Gestaltungskraft seines Amtes und schüttelt die Fesseln ab? Womöglich bricht doch ein Umverteilungskampf im Kreml aus? Putin könnte der eigene Erfolg zum Fluch werden.
Im März 2008 wäre er im Bewusstsein einer Mehrheit der Russen als glanzvoller Präsident der Stabilisierung des Landes und der Rückkehr zum Großmachtstatus abgetreten. Der Verbleib an der Staatsspitze aber bedeutet auch, was die Kremlherren oft vergessen: Verantwortung. Wenn Putin weiterhin die Gesellschaft einschnürt und die Wirtschaft nicht reformiert, könnte ihn die Elite in einer Krise dafür zur Rechenschaft ziehen - als einen Präsidenten, der zum Schaden des Landes seinen historischen Abtritt verpasst hat.
ZEIT online 40/2007​

Berichte zu RU: Akte Putin im Freierforum
 
RU: Putins Pläne

Putins Pläne

Rice besorgt über "Konzentration von Macht im Kreml"

02. Oktober 2007

"Ich glaube, derzeit ist das Besorgniserregende an Russland die Konzentration von Macht im Kreml", sagte die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice der "New York Post". Es fehle an ausgleichenden Institutionen: "Die Duma ist es nicht, die Gerichte sind es nicht."

Russlands Präsident Wladimir Putin selbst habe angekündigt, er werde die Verfassung nicht ändern, das glaube sie ihm, fügte Rice hinzu. Die Zeitung hatte Rice gefragt, ob Putin sich ihres Erachtens darauf vorbereite, "lebenslänglich Diktator" zu werden.

Condoleezza Rice: Gute Miene zum bösen Spiel?

Putin hatte am Montag angekündigt, bei der Parlamentswahl am 2. Dezember für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren; für eine dritte Amtszeit als Präsident kann er bei der Wahl im März kommenden Jahres nicht mehr antreten. (Siehe auch: Russland: Putin will künftige Regierung führen) Es blieb allerdings unklar, ob Rice sich vor oder nach Putins Erklärung zur Lage in Russland äußerte.

"Verfolgen aufmerksam die Wahl in Russland"

Das State Department hat indes angekündigt, die Parlamentswahl in Russland genau zu verfolgen. "Wir werden aufmerksam beobachten, wie sich der politische Prozess und die Wahlen entwickeln", sagte Außenamtssprecher Tom Casey in Washington. Alle zugelassenen Parteien müssten die Möglichkeit zu einem offenen und freien Wahlkampf haben. Zu Putins Plänen sagte Casey: "Das ist seine Entscheidung, und das ist eine innere politische Angelegenheit Russlands.

Das Weiße Haus in Washington hatte in der Nacht zum Dienstag erklärt, die Russen müssten in "freien, gleichen und demokratischen" Wahlen selbst entscheiden, ob sie Putin als Regierungschef haben wollten.

Die EU-Kommission verweigerte einen Kommentar zur Entscheidung Putins. Es handele sich um eine "innere Angelegenheit" Russlands, sagte Kommissionsprecher Johannes Laitenberger am Dienstag in Brüssel.

Polenz: "Putin will nicht von der Macht lassen"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte, Putins Ankündigung werde in Deutschland kritisch bewertet. Der Vorgang werfe ein Licht auf den Zustand der russischen Demokratie, sagte Polenz der "Berliner Zeitung" vom Dienstag: "Es zeigt, dass Putin nicht von der Macht lassen will."

Putin habe die Macht des Präsidenten in der Verfassung planvoll ausgebaut. "Dies wird er nun zugunsten des Premiers wenden", prophezeite Polenz: "Sonst macht das Manöver keinen Sinn." Putin werde jetzt dafür sorgen, dass "ein Mann Präsident wird, der von ihm als neuem Premier abhängig ist".

"Monopolisierung der Macht"

Die russischen Kommunisten haben indes vor einer "Monopolisierung der Macht" gewarnt. Die Kandidatur ändere das Machtgefüge im Land zugunsten einer Partei und wirke sich negativ auf andere aus, sagte Kommunistenchef Gennadi Sjuganow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.

Allzeithoch an russischer Börse

Der russische Börsenindex RTS erreichte am Dienstag mit einem Plus von etwas mehr als drei Prozent auf 2.108 Zähler ein neues Allzeithoch. Marktteilnehmer machen dafür unter anderem die Absicht Putins verantwortlich, auch künftig über die Geschicke des Landes bestimmen zu wollen. Denn am Markt und für die Wirtschaft zählen eher die politische Stabilität als die Form der Regierung eines Landes.

Allerdings sollte man nach an Ansicht von Beobachtern die Entwicklung der Börse kurzfristig nicht überbewerten. Denn die Anleger haben kurzfristig einen hohen Risikoappetit. Und in diesem Umfeld laufen Schwellenländermärkte an sich schon gut.

Dritte Amtszeit auf Umwegen?

Nach der russischen Verfassung muss ein Präsident spätestens nach zwei Amtszeiten in Folge abtreten. An einer Rückkehr in das höchste Staatsamt hindert ihn das Grundgesetz nach einer Pause aber nicht. So wäre es für Putin denkbar, nach einer Amtszeit seines Nachfolgers wieder für den Posten zu kandidieren. Putins Nachfolger könnte zum Beispiel auch aus Krankheitsgründen vorzeitig wieder abtreten.

Im Fall eines Rücktritts des Präsidenten muss es laut Verfassung innerhalb von drei Monaten zur Neuwahl kommen. In der Zwischenzeit erfüllt der Regierungschef die Amtsgeschäfte des Präsidenten, allerdings ohne volle Befugnisse.

Text: FAZ.NET mit AFP/AP/dpa sowie cri.
Bildmaterial: dpa, FAZ.NET, picture-alliance/ dpa/dpaweb


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Zar Wladimir Putin

Man sollte Wladimir Putin nicht unterschätzen, er weiss genau wohin seine Reise geht und
hat zweifellos mehr in der Birne als sein aktueller Counterpart 'King George (W) the 2nd'.
Natürlich haben die 'ach so besorgte' Frau Rice (das US-Merkel) und unsere Sowjet-EU dazu noch nicht viel
Gegenargumente zu liefern.

(PS: der 'Oberste Sowjet' und die 'Regierung der EU' sollen sich in ihrer Struktur sehr ähnlich sein ...)
 
SPIEGEL ONLINE - 18. Oktober 2007, 18:55
URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,512287,00.html

PUTINS DROHUNGEN

Supermann auf Großmacht-Mission

Von Klaus-Helge Donath, Moskau
Eiskalte Miene, martialische Sprache: Russlands Präsident Putin bringt seinen Bürgern "grandiose" Atomrüstungspläne nahe - und präsentiert der Welt auto-erotische Großmachtfantasien. Mit Antiamerikanismus umwirbt er seine Wähler.

"Sind Sie es wirklich? Oh Gott, nein, oh vielen, vielen Dank", säuselt eine aufgeregte Frauenstimme. Dann bricht die Leitung ab. Eine Frage stellt die Anruferin aus der fernen Provinz Präsident Wladimir Putin nicht mehr. Die Dame scheint überwältigt, sie war tatsächlich durchgekommen - zu ihm.

Der Kreml veranstaltete den einmal jährlich stattfindenden Dialog der Führung mit dem Volk. Per Telefon, übers Internet und in Live-Schaltungen können sich Bürger mit Sorgen und drängenden Fragen an den Kremlchef wenden. Mehr als 2,5 Millionen Anfragen sollen diesmal eingegangen sein. Wieder mal ein Rekord, vermeldeten die Statistiker der staatlich kontrollierten elektronischen Medien. Das Bürgerengagement kennt keine Grenzen.

Genau dieser Enthusiasmus ist es, der an der Spontaneität Zweifel aufkommen lässt. Die Bürger sind so weit von Politik und Staat entfernt wie seit Jahren nicht mehr. Müssen da Zufälle inszeniert werden, um zwischen Volk und Führung Nähe herzustellen? Das Drehbuch stammt aus der Sowjetzeit. Wladimir Putin ist ein Meister dieses Genres. Der Kremlchef nutzte die Chance, um auch international wieder für Gesprächsstoff zu sorgen.

Bellizistischer Tonfall

So kündigte Putin an, bis 2015 die russischen Streitkräfte mit modernsten Kampfjets, Atom-U-Booten und neuen Interkontinentalraketen auszurüsten. Das seien grandiose und auch realisierbare Pläne, meinte der Präsident: "Wir werden eine Raketentechnologie entwickeln, einschließlich vollkommen neuer nuklearstrategischer Systeme, vollkommen neu." Neben den Waffensystemen des atomaren Dreiklangs aus U-Boot-Flotte, Raketen und Luftwaffe sollten auch konventionelle Waffen erneuert werden.

Drohungen in bellizistischem Tonfall gehören inzwischen zum Standardrepertoire des Kremls, der über die amerikanischen Pläne, in Tschechien und Polen Raketenabwehrsysteme aufzustellen, seit Monaten erbost ist. Russland sieht sich durch das Abwehrsystem in unmittelbarer Nähe seiner Grenze bedroht und kündigte schon an, sich aus dem Vertragswerk über Konventionelle Streitkräfte in Europa und dem INF-Vertrag zurückzuziehen. Beim Fernsehauftritt drohte Putin auch erneut mit einer Verlegung russischer Waffensysteme, sollten die USA an den Raketenplänen festhalten: "Ich kann versichern, dass solche Schritte derzeit vorbereitet werden."

Putins eiskalte Miene und martialische Sprache verleihen derartigen Äußerungen etwas Bedrohliches. Dennoch wiederholte Putin nur, was hinlänglich bekannt ist. Die Aufrüstung und Erneuerung des Nuklearpotentials ist seit Jahren geplant. Verschiebung der Waffensysteme und Wiederausrichtung auf europäische Ziele wären eine Angelegenheit von wenigen Minuten, während die Runderneuerung der konventionellen Ausrüstung der Armee dringend erforderlich ist. Russlands Militärbudget betrug im Jahr 2006 rund 60 Milliarden Dollar. Das ist ein Bruchteil des US-Wehrhaushaltes und weniger, als Frankreich für die Verteidigung aufbringt. Den Löwenteil des russischen Verteidigungsetats verschlingen Personalkosten. Diese Modernisierungsmaßnahmen hatte Putin schon in seiner ersten Amtszeit angekündigt, ohne die Pläne jedoch umzusetzen.

Putin verbindet das Unaufschiebbare mit einer wirkungsvollen außenpolitischen Drohgebärde. Auch wenn sie nicht ganz ernst gemeint sein sollte, verspricht sie Rendite - zumal der Präsident auch Wahlkämpfer ist. Im Frühjahr scheidet er aus dem Präsidentenamt und führt die Liste der Kremlpartei "Vereinigtes Russland" bei den Parlamentswahlen im Dezember an. Das Säbelrasseln kommt bei russischen Bürgern, die der Größe und dem Drohpotential der Sowjetunion nachtrauern, zudem sehr gut an. Auch die zwei Millionen Militärs und Zivilbediensteten der Armee sind dankbar, wenn ihrer gedacht wird. Das innenpolitische Kalkül ist daher nicht zu unterschätzen.

Dennoch steht es um die russisch-amerikanischen Beziehungen nicht zum Besten, sie haben den Gefrierpunkt erreicht. Nicht ohne Zutun des Kremls, der den Anti-Amerikanismus zur einzigen Leitidee erkoren hat, um die Bürger hinter sich zu sammeln. In diese Atmosphäre passte vortrefflich die Frage eines Bürgers, was der Präsident denn von der Aussage der früheren US-Außenministerin Madleine Albright halte, Sibiriens Reichtümer gehörten nicht allein Russland. Putin erinnerte sich nicht an das Zitat, räumte aber ein, dass derartige Ideen in einigen Köpfen herumschwirrten: "Diese politische Erotik mag gewissen Leuten Befriedung bereiten, sie wird aber kaum zu positiven Resultaten führen", meinte der Kremlchef und leitete flugs daraus ab, wie richtig es daher sei, die Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen.

Russland hält Iran keineswegs für harmlos

Auffallend vorsichtig äußerte sich der Kremlchef zum Atomstreit mit Iran. Am Vorabend hatte sich US-Präsident George W. Bush zu Wort gemeldet und von den Gefahren eines "Dritten Weltkriegs" gewarnt. Adressat war Wladimir Putin, der mit seiner Stippvisite in Teheran Anfang der Woche Mahmud Ahmadinedschad international aufgewertet hatte.

Russlands demonstrative Unterstützung vereitelt erneut den Versuch der Uno, Sanktionen gegen Iran durchzusetzen. Offiziell sieht der Kreml keine Hinweise, dass das iranische Atomprogramm dem Bau einer Atomwaffe dient. Allerdings stellte Russland den Weiterbau des Atommeilers in Buschehr vorübergehend ein.
Hinter den Kulissen ist in Moskau denn auch zu hören, dass der Kreml keineswegs von der Harmlosigkeit des iranischen Atomprogramms überzeugt ist. Iranische Raketen würden russisches Territorium in wenigen Minuten erreichen. Das macht das Dilemma der russischen Außenpolitik deutlich. Dem Kreml fehlt ein klares Konzept. Außenpolitik ist inzwischen ein bloßer Reflex, der ablehnt, unterläuft oder gar hintertreibt, was Amerikaner und Europäer für wünschenswert halten.

Langfristig manövriert sich Russland mit den autoerotischen Großmachtfantasien ins Abseits, auch wenn Putin im Moment Punktgewinne verzeichnen mag. Wer sich wie Moskau weigert, international Verantwortung zu übernehmen, empfiehlt sich nicht als Supermacht. Die internationale Gemeinschaft weiß sehr wohl zwischen Supermann und Supermacht zu unterscheiden.
 
SPIEGEL ONLINE - 18. Oktober 2007, 15:40
URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,512244,00.html

RUSSISCH-AMERIKANISCHE BEZIEHUNGEN


Putin rechtfertigt neue Atomwaffen mit Irak-Krieg

Wladimir Putin rüstet Russland auf: Zum Schutz im weltweiten Kampf um Ressourcen sei das nötig, sagte der Präsident in seiner jährlichen Fernseh-Fragestunde. Voller Stolz kündigte er eine neue Generation von Atomraketen an - und verwies zur Begründung auf Bushs Irak-Feldzug.

Moskau - Es war erst ein paar Stunden her, da hatte US-Präsident George W. Bush die Welt gewarnt: Wer "an der Vermeidung eines Dritten Weltkriegs interessiert" sei, müsse Iran an der Entwicklung von Atomwaffen hindern.[DMLURL]http://www.freiermagazin.com/politik/ausland/0,1518,512087,00.html[/DMLURL]

Wladimir Putin verstand - kurz zuvor war der russische Präsident zu Gast bei Mahmud Ahmadinedschad in Teheran gewesen. Der russische Präsident fand dann heute seinerseits deutliche Worte gegenüber der Regierung Bush: Er nutzte die jährliche nationale Fragestunde im Staatsfernsehen für einen kräftigen Seitenhieb gegen die USA und ihren Krieg im Irak.

Putin rechtfertigte mit Bushs Feldzug Russlands neue, "grandiose" Rüstungspläne, die den Bau einer neuen Generation atomarer Sprengköpfe umfassen. Rohstoffreiche Länder müssten ihre Interessen schützen, sagte der Präsident während der live im Fernsehen übertragenen Fragestunde für russische Bürger. "Gott sei Dank ist Russland nicht der Irak", sagte Putin.

Das Land sei stark genug, seine Interessen zu wahren, "nebenbei bemerkt, auch in anderen Regionen der Welt." Dann fügte er in der vermutlich letzten Fragestunde dieser Art vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Frühjahr hinzu: "Wir werden eine Raketentechnologie entwickeln, einschließlich vollkommen neuer nuklearstrategischer Systeme, vollkommen neu." Dabei gehe es "um den gesamten atomaren Dreiklang aus strategischen Raketen, Luftwaffe und einer nuklearen U-Boot-Flotte" und um konventionelle Waffen.

"Schießen, aber keine Ordnung schaffen"

Putin kritisierte das Vorgehen der USA im Irak scharf. Man könne zwar ein tyrannisches Regime von der politischen Landkarte entfernen. "Aber es ist völlig sinnlos, gegen ein Volk zu kämpfen." "Wir sehen, was dort vor sich geht", sagte Putin. "Sie haben dort gelernt zu schießen, aber sie können keine Ordnung schaffen." Den USA gehe es im Irak auch um die Kontrolle über die Ölförderung des Landes, sagte Putin. Er forderte, dass es ein konkretes Datum für den Truppenabzug geben müsse.

Anlass für die Ausführungen war die Frage eines Mechanikers aus der sibirischen Stadt Nowosibirsk zu einer mehrere Jahre zurückliegenden Äußerung der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright über den Reichtum an Rohstoffen in Sibirien, der zu groß sei, um einem einzigen Land zu gehören. Putin sagte, er wisse, dass einige Politiker mit solchen Gedanken spielten, aber das sei reines Wunschdenken.

In den vergangenen Monaten hat sich Putin zunehmend kritisch über die Außenpolitik der USA geäußert. Dabei ging es unter anderem um die geplante Raketenabwehr der USA in Osteuropa und um die von Washington angestrebten Sanktionen gegen Iran. Putin drohte mit einer Verlegung russischer Waffensysteme, sollten die USA seine Bedenken gegen den geplanten Raketenschild nicht berücksichtigen. "Ich kann versichern, dass solche Schritte derzeit vorbereitet werden", sagte er. Wo welche Raketen stationiert würden, sei eine Entscheidung des Generalstabs der Armee.
Auch im Atomkonflikt mit Iran schlug Putin einen scharfen Ton an.

Direkte Gespräche seien der bessere Weg als Sanktionen oder ein Militäreinsatz, sagte er mit Blick auf seinen jüngsten Besuch in Teheran. Ein Dialog sei "immer produktiver und der kürzeste Weg zum Erfolg als eine Politik der Drohungen und Sanktionen oder gar der Plan, Gewalt einzusetzen." Putin ging auch auf Geheimdienstberichte im Vorfeld der Reise ein, die vor einem Anschlag auf Putin in Teheran warnten. "Das war nichts anderes als der Versuch, den Besuch zu verhindern", sagte der Kremlchef. Nach russischen Angaben stammten die Informationen von ausländischen Geheimdiensten.

Kossatschow: Bush-Äußerung ist Überreaktion

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Konstantin Kossatschow, nahm Bushs Anspielung auf einen Dritten Weltkrieg zum Anlass für scharfe Kritik. Bush Äußerung sei eine "Überreaktion", sagte er SPIEGEL ONLINE. Die Warnung vor einem neuerlichen Weltkrieg entbehre jeder Grundlage. "Ich sehe keine Bedingungen für eine solche Entwicklung", sagte Kossatschow nach einer Konferenz in Berlin. Die traditionellen Atomwaffenstaaten wie die ständigen Uno-Sicherheitsratsmächte seien sich in der Frage der Nichtverbreitung einig. Auch jüngere Atomwaffenstaaten wie Israel, Indien und Pakistan seien zu "verantwortlichem Handeln" bereit.

Was andere Aspiranten wie Iran angehe, biete Nordkorea ein Beispiel, wie man mit solchen Ländern nicht umgehen sollte, sagte Kossatschow. Die Kooperation mit Nordkorea in den neunziger Jahren sei erfolgreich gewesen. Erst als die Bush-Regierung Nordkorea zum "Schurkenstaat" erklärt habe, habe die nordkoreanische Regierung ihr Atomwaffenprogramm forciert und "uns alle in eine gefährliche Situation gebracht".

Dies dürfe sich in Iran nicht wiederholen, forderte Kossatschow. Die internationale Gemeinschaft habe genug Kontrollinstrumente, um Irans Atomprogramm zu überwachen. Iran kooperiere mit den westlichen Experten, und es gebe keine Hinweise auf eine Bedrohung. "Wir sollten unseren Experten glauben", sagte Kossatschow. Die Äußerungen des iranischen Präsidenten über Israel und den Holocaust seien zwar zu kritisieren, aber sie seien nicht zur professionellen Evaluation von Irans Atomprogramm heranzuziehen.

Der Putin-Gefolgsmann wies die Kritik an Putins Besuch in Teheran zurück. Russland sei ein souveränes Land und Iran ein Nachbar, mit dem Russland gemeinsame wirtschaftliche Interessen habe, so Kossatschow. Der Besuch sei "niemals als Demonstration gegen irgendein westliches Land" gemeint gewesen, sagte Kossatschow. Er wies auch den Eindruck zurück, bei Putins neuer Rhetorik gehe es um eine gezielte Provokation des Westens. Wenn es eine Verschlechterung der Beziehungen gebe, so sei dies auf politische Entscheidungen der USA, etwa den geplanten Raketenschild in Osteuropa, zurückzuführen, sagte Kossatschow.

phw/cvo/Reuters/AP/AFP/dpa
 
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SPIEGEL ONLINE - 18. Oktober 2007, 09:48
URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,512133,00.html

US-RUSSISCHE BEZIEHUNGEN


Feindschaft reloaded
Von Gregor Peter Schmitz, Washington

US-Präsident Bush hat sich getäuscht: Nach 9/11 sah er Putin als Freund. Doch der verfolgt seit Jahren knallhart russische Machtpolitik - ohne Rücksicht auf persönliche Bande. Jetzt droht die zerbrochene Freundschaft in offene Feindschaft umzuschlagen. Der Iran-Konflikt ist nur ein Beispiel.

Washington - John McCain sprach leise, wie er es oft tut bei seinen Wahlkampfauftritten. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber entwarf die große Weltlage: Gerade hatte er Iran abgehandelt, jetzt ging es um Russland. McCain lief quer über die Bühne nach vorne, er hauchte jetzt fast. "Wenn ich in die Augen von Wladimir Putin sehe", flüsterte er dem Publikum verschwörerisch zu, "dann sehe ich drei Buchstaben. Die heißen: K.G.B."

Gestern, bei der Pressekonferenz von George W. Bush im Weißen Haus, sprach ein Reporter den Präsidenten auf McCains Worte an. "Ziemlich guter Satz", lachte Bush - und legte dann rhetorisch selber nach. Er nannte den russischen Präsidenten "wily", wenn es um seine Nachfolgepläne geht. "Wily" heißt soviel wie "gerissen" oder "verschlagen", und war ganz bestimmt nicht als Kompliment gemeint. Minuten zuvor wählte Bush ungewöhnlich martialische Worte zum Nuklear-Konflikt, die Putin nach seinen Avancen an Iran in dieser Woche durchaus an sich adressiert verstanden durfte.

"Politiker, die an der Vermeidung eines Dritten Weltkrieges interessiert sind", donnerte Bush, "müssen Iran am Besitz von Nuklearwaffen hindern wollen."

[DMLURL]http://www.freiermagazin.com/politik/ausland/0,1518,512087,00.html[/DMLURL] Dritter Weltkrieg? Das erinnert an frühere präsidiale Kraftausdrücke wie "Achse des Bösen" (Bush, 2002) oder "Reich des Bösen" (Reagan, 1983). Die Formulierung zeigt, wie schlecht es derzeit um das russisch-amerikanischen Verhältnis steht. Und dafür ist nicht nur der Dissens in der Iran-Frage verantwortlich.

"Die Beziehung ist wirklich zerrüttet. Beide Seiten scheinen fest entschlossen, sich in den nächsten Monaten möglichst oft gegenseitig verbal zu verhauen", sagt Rose Gottemoeller, Direktorin des Moskauer Büros des Carnegie Endowment for International Peace, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

Gegenseitige Sticheleien

Seit Monaten nimmt der Konflikt an Schärfe zu: Mal prangert Putin - wie im Februar in München - den Machtmissbrauch der Amerikaner an, mal vergleicht er die USA unter Bush mit Nazi-Deutschland unter Hitler. Mal lässt er wie vorige Woche US-Verteidigungsminister Robert Gates und Außenministerin Condoleezza Rice in Moskau geschlagene 45 Minuten lang warten, um dann Witze über ein mögliches gemeinsames Raketenabwehrsystem auf dem Mond zu reißen.

Die Amerikaner lassen wiederum keine Gelegenheit aus, Putins Russland als undemokratisch zu brandmarken. Besonders scharf ging US-Vizepräsident Dick Cheney im Mai 2006 mit Putin ins Gericht als er der russischen Regierung vorwarf, Öl und Gas als Druckmittel zur Erpressung von Nachbarstaaten einzusetzen. Jetzt ging US-Präsident Bush noch einen Schritt weiter. Weil Putin in der Iran-Politik nicht mit den Amerikanern kooperiert, warnt Bush vor der Gefahr eines Dritten Weltkrieges.
Der Iran-Konflikt, gerade im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, ist in diesem komplexen Beziehungsmosaik nur eine Baustelle unter vielen. Denn dass Putin mit seinem Besuch bei Mahmud Ahmadinedschad in dieser Woche nur die Amerikaner reizen wollte, ist eher unwahrscheinlich.

"Die Russen haben damit vor allem ihre eigene Agenda verfolgt. Der Besuch fügte sich ein in ihr Bestreben, ihre Weltmachtrolle weiter auszubauen", sagt Gottemoeller. Dabei sei Putin mit seinen Bemerkungen, dass der Iran ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm habe, ein strategischer Fehler unterlaufen, glaubt sie. "Er wollte herzlich in Teheran empfangen werden und hat deshalb so geredet. Jetzt hat er aber langfristig das Dilemma am Hals, dass die Iraner von ihm wirklich Unterstützung in dieser Frage erwarten."

Auch Russland sieht nuklearen Iran als Gefahr

Tatsächlich scheint Moskau durchaus immer noch an einer Kooperation von Iran mit den Europäern und auch den Amerikanern interessiert. Immerhin hat der russische Präsident sich vor seiner Reise nach Teheran mit Angela Merkel und mit Condoleezza Rice über das geeignete Vorgehen beraten. Gottemoeller, die gerade eine große Konferenz zu Iran in Moskau organisiert, ist nach Gesprächen mit führenden russischen Medien und Regierungsbeamten überzeugt, dass in Russland ein nuklearer Iran nach wie vor als echte Gefahr angesehen wird.

Auch Bush hielt die Tür zur Zusammenarbeit durchaus offen, als er in seiner kämpferischen Pressekonferenz Putins Treffen mit Ahmadinedschad nicht rundheraus verdammte - sondern sich erst dessen Bericht anhören wollte. Bush äußerte sogar offen die Hoffnung, mit Russland weiter in dieser Frage kooperieren zu können.

Als ähnlich übertrieben bewerten manche Experten die Besorgnis um die Erklärung der fünf Anrainerstaaten der Kaspischen Region, die Putin ebenfalls in dieser Woche ausbaldowerte. Diese Erklärung, die unter anderem alle Unterzeichner anweist, kein Territorium für Militärschläge gegen einen der anderen Staaten (darunter eben auch Iran) zur Verfügung zu stellen, wurde vielfach als Eskalation der russisch-amerikanischen Spannungen in der rohstoffreichen Region gedeutet.

Denn die USA hatten etwa mit Aserbaidschan zuletzt sehr enge Beziehungen gepflegt und schienen an der Nutzung der Fliegerstützpunkte dort interessiert. "Aber ich finde diese Erklärung gar nicht so überraschend", sagt Richard Morningstar, ehemals Sonderbeauftragter von Bill Clinton für die Region und nun Dozent in Harvard, zu SPIEGEL ONLINE. "Hätten die USA aserbaidschanische Stützpunkte genutzt, falls es zu jemals zu Einsätzen gegen Iran kommen sollte? Wahrscheinlich nicht. Versucht Russland seit langem, seinen Einfluss in der Region zu vergrößern? Ja. Treffen diese Länder sich regelmäßig? Ja. Verstehen die Amerikaner das? Klar, dies sind schließlich die Nachbarn Russlands."

Dass die US-Reaktion auf Putins jüngste Provokationen dennoch so heftig ausfiel, erklärt sich zu einem gehörigen Maße auch aus persönlicher Enttäuschung. Bush, dem persönliche Beziehungen auch auf Staatsmanns-Ebene sehr wichtig sind, fühlt sich von Putin getäuscht. "Er hat Putin völlig falsch eingeschätzt", sagt Michael McFaul vom Hoover Institute an der Stanford University. "Er dachte, der ist einer vor den Guten". Bush verfolgt, ähnlich wie Gerhard Schröder mit seinen Worten vom "lupenreinen Demokraten", nach wie vor seine Bemerkung nach dem ersten Treffen mit Putin 2001 - er habe in dessen Seele blicken können und gemocht, was er sah, sagte Bush damals. Diese Hoffnung bewahrheitete sich nicht.

Ganz aktuell fühlen sich die Amerikaner zudem überrollt von den neuen Debatten um eine weitere politische Karriere Putins. "Das Weiße Haus hat damit gerechnet, dass Putin irgendeine Rolle spielen würde nach seinem Abgang, etwa als Chef von Gasprom. Aber eben nicht in einer tragenden politischen Rolle", sagt Grotemoeller. Die nun kursierenden Gerüchte über eine Kandidatur Putins als Premierminister ruinieren auch die Hoffnung amerikanischer Top-Beamter, die Beziehungen nach dessen Abschied auf eine neue Grundlage stellen zu können.

Zudem stellt der Umgang mit dieser Nachfolgeregelung in Russland eine weitere Herausforderung für das Weiße Haus dar. Die Amerikaner haben sich lange Mühe gegeben, zugunsten des strategischen Dialogs mit Moskau Menschenrechtsverletzungen etwa in Tschetschenien nicht allzu offensiv anzusprechen - wenn sie nun auch noch Putins wenig demokratische Zukunftspläne hinnehmen müssen, verlieren sie weiter an Glaubwürdigkeit in ihrer Rolle als Demokratie-Vorkämpfer, die durch das Irak-Debakel und Folter-Skandale ohnehin schwierig geworden ist.

Zwischen Kampf-Rhetorik und Moderation

Condoleezza Rice betonte bei ihrem jüngsten Moskau-Besuch zwar beharrlich, das Weiße Haus habe keineswegs an moralischer Autorität im Umgang mit Russland eingebüßt. Doch das sehen Intellektuelle wie Masha Lipman, ehemalige Chefin eines bekannten russischen Nachrichtenmagazins und Kolumnistin für die "Washington Post", anders: "Putin lässt kaum eine Gelegenheit aus, westliche Demokratien als Travestie darzustellen. Und immer mehr Russen scheinen angesichts der amerikanischen Schwäche diese Ansicht zu teilen."

Moderate Stimmen versuchen zwischen der Kampf-Rhetorik der politischen Führer auf beiden Seiten zu vermitteln: Richard Lugar etwa, einflussreicher republikanischer Senator. Bei einem Auftritt im Brookings Institute kurz vor dem Moskau-Besuch von Robert Gates und Condoleezza Rice bemühte der sich um Sätze, die fast an Ehe-Therapie erinnerten: "Wir müssen uns beide vor allem vor Augen führen, dass wir einander dringend brauchen", beschwor Luger die Zuhörer, "und dass wir genauso energisch bei der Suche nach gemeinsamen Ansätzen sein müssen wie zuletzt beim Ausleben unserer Frustrationen." Doch die Herausforderungen sind gewaltig. "Die Suche des Kremls nach einem neuen Erzfeind hat die russisch-amerikanischen Beziehungen gewandelt", sagt Michael McFaul. "Mögliche Kooperationen, etwa bei gemeinsamen Investitionen in die Ölproduktion, bei Militärbasen im Kampf gegen die Taliban oder bei der Raketenabwehr, haben sich in einen knallharten Machtwettstreit verwandelt, bei dem es immer um Gewinnen oder Verlieren geht."

Schon bald könnten diese Konflikte weiter aufbrechen - etwa bei Differenzen über die Zukunft des Kosovo oder russische Waffenverkäufe an Staaten wie Iran, Syrien und Venezuela. Besonders problematisch sind zudem immer noch die Zwistigkeiten um Abrüstung und Raketenabwehrsysteme. Das jüngste Treffen zwischen Gates, Rice und Putin ergab dazu keine Annäherung, sondern eher eine neue Drohung.

"Die russische DNA umzuprogrammieren, ist schwierig"

Wenn die Amerikaner die russischen Sicherheitsinteressen nicht respektieren, gab Putin zu verstehen, werde sich Russland aus den nach dem Ende des Kalten Krieges entstandenen Sicherheitsarrangements zurück ziehen - etwa durch den Ausstieg aus wichtigen Abrüstungsverträgen.
Mit seinem offensiven Auftreten in Iran hat Putin also wohl vor allem die Grundpfeiler einer Art "Putin-Doktrin" den Amerikanern wieder in Erinnerung gerufen. Die könnte man einfach so zusammenfassen: Akzeptiert uns als gleichberechtigt und behandelt uns gleichrangig.

Präsident Bush, der einst in Putins Seele geschaut zu haben glaubte, scheint sich trotz der scharfen Weltkriegsrhetorik damit fast abgefunden zu haben. Auf seiner Pressekonferenz sagte er nämlich auch nachdenklich: "Die russische DNA umzuprogrammieren, die noch auf eine zentrale Staatsmacht eingeschworen ist - das ist sehr schwierig."
 
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17. Oktober 2007, 22:20, NZZ Online

Putin drängt kaspische Staaten zu Pakt gegen USA

Irans Nachbarn wollen Territorium für Angriff nicht zur Verfügung stellen

Im Streit um das iranische Atomprogramm haben sich die Anrainerstaaten des Kaspischen Meers gegen die USA gestellt und einen Angriff auf das Nachbarland von ihrem Territorium aus kategorisch ausgeschlossen. Das amerikanische Militär hatte erst kürzlich Flugplätze in Aserbeidschan besichtigt.

(sda/Reuters) Auf Drängen des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterzeichneten die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres einen Pakt, der sich vor allem gegen eine militärische Zusammenarbeit Aserbeidschans mit den USA und der Nato richtete.
Keine Angriffe vom eigenen Gebiet aus

«Unter keinen Umständen werden wir es einem Drittstaat erlauben, unsere Gebiete für einen Angriff oder eine andere militärische Aktion gegen einen der Mitgliedsstaaten zu nutzen», hiess es in dem Vertrag, den Aserbeidschan, Kasachstan, Turkmenistan, Russland und Iran bei ihrem Gipfeltreffen in Teheran schlossen.

Zugleich betonten die Anrainer in ihrer Abschlusserklärung das Recht aller Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags auf eine friedliche Nutzung der Atomenergie. Der iranische Präsident Ahmadinejad bezeichnete die Kaspische Erklärung als «sehr stark».

Flugplätze besichtigt

Das amerikanische Militär hat zuletzt Flugplätze in Aserbeidschan besichtigt. Dies schürte Spekulationen, es bereite sich auf einen Einsatz gegen Iran vor, was die Regierung in Baku zurückwies. Das Land liegt nördlich Irans auf der westlichen Seite des Kaspischen Meers.
«Wir sollten nicht einmal daran denken, dass in dieser Region Gewalt eingesetzt wird», mahnte Putin in einer Rede, die der Vertragsunterzeichnung unmittelbar vorausging. Jede Nation habe das Recht, ohne Einschränkungen ein friedliches Atomprogramm zu betreiben, sagte er zudem.

Putin lädt Ahmadinejad nach Moskau ein

Später lud Putin seinen iranischen Kollegen Mahmud Ahmadinejad zu Gesprächen nach Moskau ein. Ahmadinejad habe die Einladung dankbar angenommen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax aus einer Erklärung der beiden Politiker. Der Termin für den Besuch stehe noch nicht fest, das Datum werde über die üblichen diplomatischen Kanäle festgelegt, hiess es weiter.
 
17. Oktober 2007, 22:20, NZZ Online

Putins Iran-Poker

R. M. Wer erwartet oder gehofft hatte, der russische Präsident Putin werde bei seinem ungewöhnlichen Besuch in Teheran dem Mullah-Regime auf die Finger klopfen und unmissverständlich die Einstellung des umstrittenen Urananreicherungsprogramms fordern, ist enttäuscht worden. Putin ist nicht daran interessiert, sich als westlicher Bündnispartner darzustellen, der beim Streit um die iranischen Atompläne fraglos am gleichen Strick zieht wie Washington oder die Westeuropäer.
Distanz zum Westen

Zum einen verbinden Russland mit Iran lukrative wirtschaftliche Interessen – vom Bau des noch nicht fertig gestellten Atomkraftwerkes Bushehr und von der Aussicht auf weitere derartige iranische Aufträge über beträchtliche russische Waffenlieferungen bis zu den Möglichkeiten einer engeren Kooperation in der Erdöl- und Erdgasvermarktung. Ausserdem geniesst der immer selbstbewusster werdende Kremlchef offenkundig seine Macht- und Schlüsselposition in der vielschichtigen Auseinandersetzung um Irans Atomambitionen, die nach westlichen Befürchtungen auf eine nukleare Bewaffnung hinauslaufen.

Gegenüber den USA und ihren europäischen Verbündeten eigenständige Positionen zu markieren oder ihre Interessen demonstrativ zu durchkreuzen, schmeichelt dem im Grunde labilen russischen Selbstwertgefühl. Deshalb sind solche Störmanöver mit antiwestlicher Stossrichtung auch gute Propaganda für die bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Russland. Diesem letzteren Kalkül sind, wie eine kritische Moskauer Kommentatorin bemerkt, wohl auch die vom Kreml gestreuten Gerüchte über mögliche Attentatspläne gegen Putin in Teheran entsprungen.
Schales Beispiel Nordkorea

Doch trotz der demonstrativen Distanz zur westlichen Iran-Position muss festgehalten werden, dass Moskau mit Sicherheit nicht daran interessiert ist, ein mit Atomwaffen ausgerüstetes islamistisches Regime unweit seiner Südgrenze entstehen zu lassen. Putin argumentiert, eine solche Entwicklung könne durch geduldiges Verhandeln, die Durchsetzung umfassender internationaler Kontrollen sowie die bereits beschlossenen Sanktionen verhindert werden. Er verweist auf das Beispiel Nordkorea, das mit ähnlichen Mitteln zum Verzicht auf sein Atomprogramm überredet worden sei. Allerdings erwähnt Putin dabei nicht, dass erstens die Nordkorea-Vereinbarung vorerst nur auf dem Papier besteht und zweitens die Grossmächte gegenüber Pjongjang zumindest in der Schlussphase eine deutlich geschlossenere Front bildeten als gegenüber Teheran.
Bei Lichte besehen pokert Putin hoch im iranischen Atomkonflikt. Wie steht er da, wenn das Teheraner Regime entgegen allen bisherigen Beteuerungen eines Tages doch verkünden sollte, eigene Atombomben zu besitzen? Das würde nicht nur die russischen Sicherheitsinteressen empfindlich tangieren, es wäre gleichzeitig ein dröhnender Autoritätsverlust für die Kreml-Diplomatie.
Kein Verzicht auf Druckmittel

Präsident Putins Äusserungen in Teheran lassen denn auch erkennen, dass er den dortigen Machthabern keineswegs vorbehaltlos über den Weg traut. Anders ist kaum zu erklären, dass der Gast aus Moskau sich nicht dazu bewegen liess, eine feste Zusage über die Fertigstellung des Kernkraftwerkes Bushehr oder gar über die Lieferung von angereichertem Uran für dieses vorläufig einzige zivile AKW in Iran abzugeben. Putin hat auch die Möglichkeit verschärfter Iran-Sanktionen, über die im November im Uno-Sicherheitsrat entschieden werden soll, nicht absolut ausgeschlossen. Offenbar bleibt auch das Moskauer Kompromissangebot zur gemeinsamen russisch-iranischen Produktion von angereichertem Uran auf russischem Boden bestehen.
Die Pokerpartie um das iranische Atomprogramm dürfte noch längere Zeit andauern. Putin hat mit seiner Teheran-Reise vor allem demonstriert, dass er zu den zentralen Spielern gezählt werden will. Doch die russischen Karten hat er bei weitem noch nicht vollständig aufgedeckt.
 
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Putin vergleicht Raketenstreit mit Kuba-Krise

Starke Worte: Beim Treffen mit EU-Vertretern hat Russlands Präsident Putin den Konflikt um den geplanten US-Raketenschild mit der Kuba-Krise verglichen. Ein hochrangiger russischer Militär droht mit der Wiederaufnahme der Produktion von Kurz- und Mittelstreckenraketen.

Mafra/Hamburg - Vor kurzem warnte US-Präsident George W. Bush vor dem Dritten Weltkrieg, nun keilt Wladimir Putin zurück: Die Pläne der USA für eine Raketenabwehr in Europa würden eine Situation wie zu Zeiten der Kuba-Krise in den sechziger Jahren schaffen. "Eine solche Bedrohung wird an unserer Grenze aufgebaut", sagte der Kreml-Chef auf dem EU-Russland-Gipfel im portugiesischen Mafra.

"Ich will daran erinnern, wie sich die Beziehungen in einer ähnlichen Situation in der Mitte der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts entwickelt haben", sagte er. "Für uns ist die Situation technologisch sehr ähnlich." Die Kuba-Krise hatte die USA und die damalige Sowjetunion 1962 an den Rand eines Atomkrieges gebracht.


Zudem drohte Russland mit der Wiederaufnahme der Produktion von Kurz- und Mittelstreckenraketen. Die Produktion dieser Waffensysteme könne "in kürzester Zeit" wieder aufgenommen werden, drohte der Kommandeur der Strategischen Streitkräfte Russlands, General Nikolai Solowtsow. "Wir haben alles, was wir dafür brauchen", sagte er.

Zwischen Moskau und Washington hatten in den vergangenen Monaten die Spannungen stetig zugenommen, weil die USA ihren Raketenschild auch auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks - Polen und Tschechien - installieren wollen. Putin hatte daraufhin bereits mit einem Ausstieg aus einem zentralen Abrüstungsvertrag, dem sogenannten INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces), gedroht.
Putin zeigte sich mit dem EU-Russland-Gipfel trotz des Dissenses zufrieden. "Es ist natürlich, Meinungsverschiedenheiten zu haben." Er lobte die freundschaftliche Atmosphäre des Treffens. Beim letzten Gipfel im Mai im russischen Samara hatte sich Putin mit der damaligen EU-Ratspräsidentin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, ein scharfes Wortgefecht über die Lage der Menschenrechte in Russland geliefert.


Die EU wollte in Mafra vor allem über eine verstärkte Energiepartnerschaft mit Russland als einem ihrer wichtigsten Lieferanten für Erdgas und Öl sprechen. Die EU-Kommission hatte kürzlich einen Vorschlag zur Liberalisierung des Energiemarktes gemacht, das ein Limit für die Energielieferanten aus Drittländern vorsieht.


Putin bedauerte, dass die EU sich noch immer nicht entschlossen habe, mit Russland ein neues Partnerschaftsabkommen auszuhandeln. "Aber das ist eine interne Angelegenheit der EU", sagte er. Polen blockiert den Beginn der Verhandlungen über tiefere politische und wirtschaftliche Beziehungen aus Protest. Die Regierung in Moskau hatte Ende 2005 einen Einfuhrstopp für polnisches Fleisch verhängt. Die Regierung in Warschau hält das vor allem für politisch motiviert.

Berichte zu RU: Akte Putin im Freierforum
 
RUSSLAND - SZENARIEN FÜR PUTINS ZUKUNFT

Die Ausgangslage

Kurz vor der Parlamentswahl im Dezember rätseln die Russen immer noch, wie es mit ihrem Präsidenten weitergeht. Zunächst wird Wladimir Putin wohl die Liste der Kreml- treuen Partei "Einiges Russland" anführen - und nach dem erwarteten Wahlsieg könnte er das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Doch wie geht es dann weiter? Bei der Präsidentschaftswahl im März darf er jedenfalls nicht mehr antreten - die Verfassung verbietet drei aufeinanderfolgende Amtszeiten. Sicher scheint nur eines: Die Macht will Putin nicht abgeben. SPIEGEL ONLINE stellt mögliche Szenarien vor.


Das Ministerpräsidenten- Szenario

Das russische Volk steht mehrheitlich hinter Putin. Umfragen zufolge könnte seine Partei "Einiges Russland" bei der Parlamentswahl im Dezember auf 70 Prozent der Stimmen kommen. Selbst Oppositionelle räumen ein, dass Wahlfälschungen dafür nicht nötig sind. Mit dieser Mehrheit im Rücken wäre Putin enorm gestärkt, wenn er auf den Posten des Ministerpräsidenten wechseln sollte. Wer auch immer im März zum Präsidenten gewählt wird - er stünde in seinem Schatten. Möglich wäre außerdem eine Änderung der Verfassung, um die Vollmachten des Ministerpräsidenten auch offiziell zu Lasten des Präsidenten auszubauen. Kreml- Sprecher Dmitrij Peskow schließt dies allerdings aus: "Man darf die Verfassung nicht antasten."


Das Präsidenten- Szenario

In dieser Variante bleibt Putin nur kurze Zeit Ministerpräsident. Zunächst lässt er im März einen Vertrauten zum Präsidenten wählen. Dieser tritt aber schon bald wieder zurück - zum Beispiel aus "gesundheitlichen Gründen". Laut Verfassung rückt der Ministerpräsident in diesem Fall automatisch auf den Posten des Präsidenten. Putin hätte also wieder das oberste Staatsamt inne, ohne die Verfassung ändern zu müssen. Anschließend könnte er sich regulär für zwei weitere Amtszeiten wählen lassen. Denn die Verfassung verbietet drei Runden nur dann, wenn sie "aufeinanderfolgen". Nach kurzer Unterbrechung als Ministerpräsident darf Putin also wieder kandidieren. Einziger Haken: Putin muss für die Übergangszeit einen Präsidenten finden, der so loyal ist, dass er tatsächlich zurücktritt.


Das Gasprom- Szenario

Möglicherweise will Putin gar nicht mehr politisch aktiv sein. Mehr Geld könnte er jedenfalls in der Wirtschaft verdienen, zum Beispiel beim Energiekonzern Gasprom. Als Vorbild für dieses Szenario dient Altkanzler Gerhard Schröder, der den Aufsichtsrat einer Gasprom- Tochter leitet. "Es ist wahrscheinlich, dass Putin zu einem Oligarchen werden möchte", sagt Georgi Satarow, der Chef des Moskauer Forschungsinstituts Indem. "Schon jetzt liegen 90 Prozent seiner Aktivitäten auf dem Gebiet von Gasprom."


Putin selbst hatte zwar angedeutet, dass er Ministerpräsident werden könnte. Politik- Experte Satarow will darauf aber nicht wetten und zitiert den Präsidenten: "Die Zunge ist einem Spion gegeben, um seine wahren Gedanken zu verbergen." Einziges Problem bei Gasprom: Das Unternehmen gehört mehrheitlich dem Staat, der Geschäftsmann Putin wäre also von seinen Nachfolgern im Kreml abhängig. Doch auch dafür hat Satarow eine Lösung: "Je mehr kompromittierendes Material man über jemanden hat, desto fester sitzt man im Sattel." Mit anderen Worten: Putin besitzt Akten, mit denen er so gut wie jeden Politiker erpressen kann. Wer auch immer Präsident wird - er würde ihm bei Gasprom freie Hand lassen.


Das Stalin- Szenario

Der Strippenzieher im Hintergrund: Das ist Putins Rolle in diesem Szenario. Als Beispiel dient China. "Deng Xiaoping hatte kein einziges höchstes Staatsamt inne - und trotzdem die ganze Macht", sagt ein Regionalpolitiker aus Putins Partei "Einiges Russland". Der frühere Mao- Vertraute Deng Xiaoping lenkte die Geschicke der Volksrepublik bis ins hohe Alter. Putin könnte dasselbe anstreben. Dabei käme ihm das belastende Material zugute, das er über fast alle russischen Politiker besitzen soll: Keiner würde es wagen, seinen Rat auszuschlagen. Oppositionspolitiker Wladimir Ryschkow nennt dafür ein Beispiel aus dem eigenen Land: "Stalin hat die Sowjetunion ohne jedes Staatsamt beherrscht. Er war nur Parteichef." Kreml- Sprecher Dmitrij Peskow lässt alles offen: "Putin ist für einen Politiker sehr jung und energisch. Es ist offensichtlich, dass er weiter Einfluss ausüben wird - wir wissen nur noch nicht, in welcher Form."
 
Russland
Väterchen Putin

01. November 2007

Es war, wie die Zeitung "Kommersant" am Wochenende vom EU-Russland-Gipfel aus Mafra berichtete, wohl das zehntausendste Mal, dass der russische Präsident Putin dem Westen versicherte, er habe nicht vor, die Verfassung zu ändern, um eine dritte Amtszeit hintereinander an der Spitze des Staates stehen zu können. Den Russen hatte Putin dieser Tage gesagt, im März werde ein anderer Politiker im Kreml Dienst tun. Das waren klare Worte, an denen nichts zu deuteln ist, zumindest nicht auf den ersten Blick.

Freilich hat Putin in letzter Zeit mehrmals zu erkennen gegeben, dass er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt eine wichtige Rolle spielen wolle. Unter Umständen, präzisierte er auf dem Wahlparteitag der Kremlpartei "Einiges Russland", auf dem er zugleich ankündigte, die Kandidatenliste dieser Partei in der Parlamentswahl am 2. Dezember anzuführen, werde er das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Ob Putin diesen Schritt tatsächlich vollziehen will und wann, ließ er offen.

Putin beendet Spekulationen um Machtverschiebung

Allein die Ankündigung gab Spekulationen Auftrieb, Putin werde versuchen, durch eine Verfassungsänderung den Nachfolger im Präsidentenamt weitgehend zu entmachten und das Amt des Regierungschefs, der dann Putin heißen würde, mit den wichtigsten, bislang präsidialen Machtattributen auszustatten. Im portugiesischen Marfa machte Putin diesen Spekulationen jedoch ein Ende, zumindest, was seine Person als handelnde Figur angeht. Wenn irgendjemand glaube, er habe die Absicht, in die russische Regierung zu wechseln und zugleich die grundlegenden Befugnisse des Präsidenten hierhin zu verlagern, sei das falsch.

Die Rechte des Präsidenten würden auf keinen Fall geschmälert, jedenfalls nicht, solange das von ihm selbst abhänge. Ausländischen Politikern und Journalisten hatte Putin in halb privatem Kreis bereits vor Wochen gesagt, dass er nicht die Absicht habe, die Rechte eines künftigen Präsidenten zu schmälern, weil er überzeugt sei, dass Russland einen starken Präsidenten benötige und schließlich zwei Amtszeiten daran gearbeitet habe, ebendas zu erreichen.

Machterhalt, Variante zwei

Nimmt man diese Worte zum Nennwert, dürfte Putin selbst dann nicht bei einer Schmälerung der Präsidentenmacht mitwirken, wenn "das Volk" oder große Teile der politischen Klasse ihn "untertänigst" bitten, auch in Zukunft die Geschicke Russlands, etwa als Ministerpräsident, zu lenken.

Auf dem Markt der Gerüchte wird indes noch eine andere Variante gehandelt, mit der angeblich sichergestellt werden soll, dass Putin die Macht auch künftig in der Hand hält, ohne die Verfassung zu ändern. Putin könne nach der Parlamentswahl vorzeitig vom Präsidentenamt zurücktreten, um dann bei einer vorzeitig anberaumten Präsidentenwahl abermals für das Präsidentenamt zu kandidieren. Formal würde das Verfassungsgebot, wonach eine Person nur zwei Amtszeiten nacheinander das Präsidentenamt ausüben dürfe, dann nicht verletzt, meinen russische Fachleute.

Kaum besser als Diktator Lukaschenka?

Lediglich das "Gesetz über die Gewährleistung der staatsbürgerlichen Rechte bei Wahlen" stünde dem entgegen. Dieses Gesetz verbietet es einem Politiker, in einer vorgezogenen Präsidentenwahl zu kandidieren, wenn er selbst die Notwendigkeit einer solchen Wahl - etwa durch Rücktritt - verursacht habe. Aber dieses Gesetz ließe sich ändern, ohne großes Aufsehen zu erregen, vor allem unter dem Eindruck von "spontanen" Massenkundgebungen, auf denen die Bevölkerung Putin zu bleiben bittet.

Dass Putin, vorausgesetzt, er spielte mit, wenn der Geist einer Verfassungsvorschrift durch eine einfache Gesetzesänderung ausgehebelt werden soll, dann kaum besser als Diktator Lukaschenka in Weißrussland oder zentralasiatische Despoten dastünde, die das Recht nach Belieben verändern lassen, um an der Macht zu bleiben, steht auf einem anderen Blatt.

Die Staatskarosse vom Rücksitz aus weiterlenken

Dass an den "spontanen" Bitten aus dem Volk schon gearbeitet wird, zeigen von oben "inspirierte" Kundgebungen für Väterchen Putins Verbleiben an der Spitze der Politik in mehreren russischen Städten. "Arbeitskollektive" samt Familienangehörigen und Studenten wurden dazu "abgeordnet". Um regelrechte Massenveranstaltungen mit Hunderttausenden Teilnehmern handelt es sich dabei vorläufig noch nicht. Der Höhepunkt dieser Aktion wird jedoch in den kommenden Wochen erwartet. Noch ist nicht ersichtlich, was genau gefordert wird, außer, dass Putin auch weiterhin die zentrale Rolle in Russlands Politik spielen soll.

Parlamentspräsident Boris Gryslow von den "Einheitsrussen" hatte in der Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" unlängst gefordert, Putin müsse als "Führer der Nation" weitermachen. Ob dabei an einen "russischen Deng Xiaoping" gedacht ist, der, ohne ein wichtiges Amt innezuhaben, nach seinem Ausscheiden die Staatskarosse vom Rücksitz aus weiterlenkt, ist noch nicht auszumachen. Voraussetzung wären robuste Immunitätsgarantien für Putin. Was Putin selbst denkt, was er plant, behält er für sich.

Ausrichtung auf Putin als politisches "Programm"

Es könnte sein, was Kritiker des Kremls und der Leute in Putins unmittelbarer Umgebung schon lange vermuten, dass vor allem solche, die etwas zu verlieren haben, und zwar Macht und materielle Vorteile, alles daransetzen, die Dinge in Russland so zu lassen, wie sie sind. Dazu werde Putin, in welcher konkreten politischen Funktion auch immer, benötigt. Deshalb die Aktionen im Land, die von Moskau aus gelenkt werden.

Ein ähnliches Interesse haben die Kremlpartei "Einiges Russland" und deren kleine Schwester "Gerechtes Russland", welche die Ausrichtung auf Putins Person zum politischen "Programm" erhoben haben und wahrscheinlich schnell auseinanderlaufen würden, wenn Putin tatsächlich seinen Abschied von der Politik nähme. Auch deren Pfründe wären in Gefahr. "Spontanes" Interesse daran, dass Putin bleibt, haben vor allem die Begünstigten der Macht; und sie werden sich noch allerhand einfallen lassen, um an der Futterkrippe zu bleiben. Sie treten "im Namen des Volkes" auf.

Uneinige Intellektuelle und Künstler

"Nur" im Namen aller "schöpferischen Berufe" verstanden sich dagegen zu einem Kotau, der an schlimmste personenkultische Verirrungen von Intellektuellen in der Stalinzeit erinnerte, der Regisseur Nikita Michalkow, der Architekt, Bildhauer und Präsident der Akademie der bildenden Künste, Surab Zereteli, deren Vizepräsident, Tair Salachow, und der Präsident der Sankt Petersburger Kunstakademie, Albert Tscharkin.

In einem offenen Brief baten sie Putin im Namen aller Vertreter der schöpferischen Berufe des Landes kniefällig zu bleiben. Immerhin provozierten sie damit nicht nur ein wegwerfendes Titelbild in der systemkritischen "Nowaja Gaseta", das Hunde zeigte, die "Männchen machen". Intellektuelle und Künstler verbaten es sich nun ihrerseits in offenen Briefen, von den vier Kotau-Künstlern vereinnahmt zu werden.

Text: F.A.Z.
 
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